„Der erste Aspekt, der dabei sofort einfällt, ist die Bestäubung von Pflanzen durch Insekten. Wenn uns das fehlt, dann haben wir ein Problem.“ Mit ihrer Einschätzung der Dringlichkeit ist die Biologin nicht allein. Mehrere Wissenschaftsakademien formulierten 2020 in einer gemeinsamen Studie: „Die Situation ist dramatisch, der Handlungsbedarf akut.“
Der Ausdruck biologische Vielfalt – oder auch Biodiversität – bezieht sich einerseits auf die Anzahl der Tier- und Pflanzenarten, andererseits auf die genetische Vielfalt innerhalb der Arten. Außerdem schließt der Begriff die Vielfalt der Lebensräume von Tieren und Pflanzen sowie die Beziehungen zwischen allen Organismen und ihrem jeweiligen Lebensraum ein.
Aber wie steht es tatsächlich um die Biodiversität in Deutschland? Nicht gut. „Tatsächlich sind laut dem Bundesamt für Naturschutz fast zwei Drittel der Lebensraumtypen gefährdet oder kurz vor ihrem Ende“, sagte Petra Arteman. 2017 hätten rund 40 Prozent der Lebensraumtypen das Prädikat „nicht mehr regenerierbar“ erhalten, wobei darunter teils geografisch sehr kleine Gebiete seien. „Sehr viele Pflanzen-, Tier- und Pilzarten gelten in Deutschland als bedroht oder schon ausgestorben.“ Auch in der Studie heißt es, dass die Vielfalt insgesamt stark zurückgegangen ist – wenn auch nicht gleichermaßen überall. Es gebe bei Vogelarten beispielsweise große Unterschiede zwischen Agrarlandschaften, Wäldern und urbanen Räumen.
Kann man die angeschlagene Vielfalt wieder fit kriegen? Es kann zumindest Verbesserungen geben, ist sich Petra Arteman sicher. „Man sollte mehr Schutzgebiete ausweisen und dort kann man versuchen, die mal guten Bedingungen wiederherzustellen. Störfaktoren müssten beseitigt werden.“ Das sei in der Praxis aber schwierig. „Wenn zum Beispiel eine Insektenart in ganz Deutschland verschwunden ist – dann hat das einen Grund. Solange wir den Grund nicht beseitigen, können wir die Tiere auch nicht wieder ansiedeln.“ Generell müsse die Nutzung der Natur umweltfreundlicher werden – in der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und der Fischerei. Außerdem sei es wichtig, so schnell und so weit wie möglich den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) zu reduzieren, um die Auswirkungen des Klimawandels so gering wie möglich zu halten.
Auch privat könne jeder einen Beitrag für mehr biologische Vielfalt leisten, etwa im eigenen Garten, sagte Petra Arteman. „Am besten baut man Pflanzen an, die gut für heimische Insekten sind.“ Auch könne es helfen, Lebensmittel aus dem Biolandbau zu kaufen oder sich ehrenamtlich an Projekten für den Umweltschutz zu beteiligen.