Drei Personen sitzen in der experimenta vor einer großen Glasfassade. Zwei Frauen und ein Mann lächeln freundlich in die Kamera.

Begeisterung beim 5. Entdeckertag – nächster Aktionstag im Mai 

23. Januar 2025

Wo sich an gewöhnlichen Öffnungstagen zahlreiche Kinder aufgeregt an den Mitmachstationen tummeln, ist es an diesem besonderen Tag erstaunlich ruhig: Zum fünften Entdeckertag hatte die experimenta für die Öffentlichkeit geschlossen, stattdessen konnten Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Autismusspektrum und ihre Begleitpersonen das Science Center ungestört erleben.

Bei dem regelmäßig stattfindenden Aktionstag öffnet die experimenta ihre Türen für jeweils eine bestimmte Personengruppe und schafft für sie den passenden Rahmen. So konnten schon Kinder mit kognitivem Förderbedarf oder sehbeeinträchtigte Schülerinnen und Schüler die Ausstellung, den Science Dome und das Experimentaltheater erleben. Unter anderen Umständen wäre so ein Ausflug für sie schwierig oder sogar undenkbar gewesen – wie jetzt auch für die Gäste aus dem Autismusspektrum.

„Ich finde es einfach klasse, dass es den Tag gibt. Manche unserer Klienten sind in ihrem Alltag doch ziemlich isoliert und an so einem Aktionstag können sie sich raustrauen. Einfach weil sie nicht damit rechnen müssen, dass sie ständig auf Unverständnis und Schwierigkeiten stoßen“, sagt Marlis Seibert, die Vorsitzende von autista Heilbronn e.V., mit dem das Inklusionsteam der experimenta eng zusammenarbeitet. Sie ergänzt: „Selbst, wenn das Kind sich – in Anführungszeichen – vermeintlich danebenbenimmt, wird es nichtabgelehnt. Und die Eltern haben nicht ständig das Gefühl, dass sie vorgeführt werden und man ihnen unterstellt, dass sie ihr Kind nicht erziehen können.“

Denn was für andere selbstverständlich sei, könne Menschen mit Autismus vor Herausforderungen stellen. Der Verein autista Heilbronn hat es sich zur Aufgabe gemacht, Betroffene und ihre Familien zu unterstützen – beispielsweise mit Förderangeboten für Kinder, Workshops und Elternberatungen. Auch bei den Planungen zum fünften Entdeckertag hat der Verein beraten: Und so konnten die Besucherinnen und Besucher am Aktionstag das besondere Theaterstück „Lumina“ in der experimenta verfolgen. Es erzählt die Geschichte des gleichnamigen fantastischen Unterwasserwesens. Dabei kommt es ganz ohne Worte und hektische Bewegungen aus.

Auch sonst wurde an dem Aktionstag auf eine eher ruhige Umgebung gesetzt: Einige geräuschvollere Mitmachstationen waren außer Betrieb. Dunkle sowie laute Bereiche waren mit Schildern gekennzeichnet – wer wollte, konnte diese Abschnitte dann gezielt umgehen. Zusätzlich gab es Ruheräume, um sich zurückziehen. Aber Ruhe allein reicht noch nicht aus, um einen Wohlfühlort zu schaffen. Denn manche Menschen im Autismusspektrum können auch mit einem lebendigen Umfeld umgehen. „Man darf ihre Bedürfnisse nicht verallgemeinern“, betont Margit Gmelin und Christoph Lemke nickt zustimmend. Die beiden sind ebenfalls aktive Mitglieder bei autista Heilbronn.

Aber gibt es trotzdem Gemeinsamkeiten? „Viele Autisten nehmen Aussagen wortwörtlich. Sie können Metaphern, Sprichwörter und Witze nicht verstehen, weil sie nicht damit rechnen, dass Menschen etwas tun oder sagen, was sie nicht exakt so meinen“, erklärt Marlis Seibert. Es gebe zwar auch diejenigen, die durchaus mit der Ausdrucksweise ihrer Mitmenschen umgehen könnten – aber das sei dann erlernt, so wie man eine Sprache lerne.

Christoph Lemke ergänzt: „Auch schwarzer Humor geht gar nicht – das kann schnell nach hinten losgehen.“Um gut miteinander klarzukommen, sei es daher wichtig, Verständnis zu zeigen – auch bei Verhaltensweisen, die einem selbst vielleicht unverständlich erscheinen, betonen die drei.

Verständnis finden, Gleichgesinnte kennenlernen und sich austauschen: Das ermögliche der Entdeckertag, meint Marlis Seibert. Davon profitiere die ganze Familie. „Die meisten Kinder sind wirklich interessiert an den Dingen, die es hier gibt – ganz so wie alle anderen Kinder auch. Und ich könnte mir vorstellen, dass manche Familien nach diesem Entdeckertag öfter in die experimenta kommen und Kinder mit Autismus dann auch mehr mit anderen in Kontakt kommen. Und das ist in unserem Sinne: Wir wollen, dass die Teilhabe am sozialen Leben im alltäglichen Leben möglich ist.“

Denn, so ergänzen Margit Gmelin und Christoph Lemke, an einem solchen Aktionstag prasselten nicht alle Eindrücke auf einmal auf die Gäste ein. „Sie lernen erst einmal die Atmosphäre kennen. Und wenn sie sich wohlfühlen, können sie sich in einer guten Atmosphäre auch entwickeln.“

Der nächste Entdeckertag ist bereits in Planung: Anfang Mai 2025 können Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit „Förderschwerpunkt Sehen“ die experimenta erkunden, an den Mitmachstationen experimentieren und viele neue Erinnerungen mit nach Hause nehmen.