Der Umbau des Bestandsgebäudes
Die Neuinterpretation des früheren Speichers
Die Heimat der experimenta ist der sogenannte Hagenbucher, der markante ehemalige Ölsaatenspeicher aus den 1930erJahren, der aus einem tragenden Stahlbetonskelett und einer verklinkerten Außenwand besteht: Während diese Stahlbetonstützen und Unterzüge die Innenräume prägen, ist die Backsteinfassade des Altbaus mit typischen Industriesprossenfenstern für seine Außenwirkung charakteristisch.
2005 entstand die Idee, im leerstehenden Speichergebäude der ehemaligen Ölmühle „Hagenbucher“ auf der Neckarinsel ein Science Center einzurichten. Das bei den Heilbronnern unter dem Namen der Mühle bekannte Gebäude t das einzig verbliebene Relikt einer ehemals ausgeprägten industriellen Bebauung der neben der Altstadt gelegenen Neckarinsel.
Der markante ehemalige Ölsaatenspeicher aus den 1930ern besteht aus einem tragenden Stahlbetonskelett und einer verklinkerten Außenwand. Während diese Stahlbetonstützen und Unterzüge die Innenräume prägen, ist die Backsteinfassade des Altbaus mit ihren typischen Industriesprossenfenstern für seine Außenwirkung charakteristisch.
Das Berliner Büro studioinges ging als Sieger aus einem Architektenwettbewerb hervor; es ergänzte den Speicher um einen schlanken Neubau. Nach 18 Monaten Bauzeit konnte das Gebäude als „experimenta – Science Center der Region Heilbronn-Franken“ im Herbst 2009 eröffnet werden.
Historische Industriearchitektur neu interpretiert
Der Ergänzungsbau von 2009 übernimmt die Materialität des Altbaus aus dem Jahr 1936, als „gemeinsame Haut“ erhielt der neue Anbau die gleiche Klinkerschale wie das bestehende Lagergebäude. Die solitäre Wirkung des Bauwerks auf der Neckarinsel wird auf diese Weise gestärkt und fortgeführt.
An der Schnittstelle des Zwillingsgebäudes entstand eine gläserne Fuge; an ihr gibt das Gebäude in schillernden Grün- und Gelbtönen etwas von seinem Inneren preis und eröffnet spannende Ein- und Ausblicke. Die farbig beleuchteten Aluminiumplatten der Fugenwand bilden einen spannungsreichen Kontrast des artifiziellen Innenlebens zu den natürlichen braun-roten Backsteinen der Außenhaut. Durch die in die grüne Wand entlang der Fuge eingeschnittene Haupttreppe wird diese zur Skulptur ausgeformt. Die versetzte Anordnung beim Bestandsgebäude von Altbau und Anbau macht die grüne Wand auch im Stadtraum weit hin als Signet sichtbar. Für dieses Spiel zwischen Hülle und Schnitt durch das Innere wurde das Bild einer aufgeschnittenen Kiwi zum prägnanten Sinnbild des Entwurfes.
Die Geschosse des historischen Lagergebäudes mit ihren ausgeprägten sichtbaren Stahlbetonskeletten wurden weitestgehend erhalten und haben bisher die Ausstellung beherbergt. Lediglich im obersten Geschoss wurden Dach und Stützen zugunsten eines als Kubus konzipierten Veranstaltungssaales mit Pausenfoyer und Dachterrasse entfernt.
Nach den ersten Erweiterungsplänen der experimenta Heilbronn um das Jahr 2012 begannen auch für das Bestandsgebäude erste Umbauplanungen, da den Flächen in diesem Gebäude neue Nutzungen zugewiesen wurden. Im Kontext mit dem Neubau der experimenta übernahm das Bestandsgebäude überwiegend das Kursangebot in den Laboren sowie die Verwaltungsflächen der experimenta.
Im 4. Obergeschoss wurde der ehemalige Speicher zu einem Schülerforschungszentrum mit Forscherlaboren und -werkstätten verändert. Der Veranstaltungsbereich im 5. Obergeschoss mit dem „Kubus“ genannten Saal, seinem Foyer und einer Dachterrasse mit Ausblick auf die Altstadt blieb weiterhin bestehen. Das Erdgeschoss wurde dagegen zu einer offenen Kreativwerkstatt, einem sogenannten Maker Space, mit digitalen und analogen Werkplätzen, Video- und Tonarbeitsplätzen, Lounge sowie einem Forum ausgebaut.
Die gestaltprägende Architektur des Gebäudes blieb nach dem Umbau erhalten. Eine größere Anpassung erfuhr dagegen die Altbaufassade des „Hagenbuchers“, da viele der alten Industriefenster für die neue Büro- und Labornutzung vergrößert wurden. Die grüne Erschließungsfuge bildet zusammen mit dem bisherigen Eingangsfoyer weiterhin das markante Element des Hauses.
Den spektakulärsten und größten Eingriff gab es im bisherigen Foyer: Nachdem aus dem Architektenwettbewerb für den Neubau 2013 der Entwurf des Büros Sauerbruch Hutton als Gewinner hervorging, wurde eine unterirdische Anbindung an das Tieffoyer des Neubaus geplant.
Text: Dipl.-Ing. Thomas Bochmann, studioinges, Berlin