Matto Barfuss mit einem Gepard

„Der Respekt vor der Natur ist immens wichtig“

4. März 2025

Der Künstler, Fotograf und Filmemacher Matto Barfuss widmet sich seit drei Jahrzehnten dem Artenschutz in Afrika. Im Interview erzählt er von seiner Kindheit, den Herausforderungen beim Filmen in freier Wildbahn und wie ihm Humor hilft, mit Rückschlägen umzugehen. Matto Barfuss spricht am 18. März im Rahmen der Robert Mayer Lecture in der experimenta in Heilbronn.

Sie lassen sich und ihre Arbeit ungern in Schubladen stecken. Wie würden Sie beschreiben, was Sie tun?

Das stimmt. In erster Linie bin ich Künstler, Aktivist für Artenvielfalt und Storyteller. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht mit kreativen künstlerischen Mitteln, Menschen über Fakten wie Artenvielfalt und Umweltveränderung zu informieren und sie anzuregen, selbst aktiv zu werden.

Die Aussichten für den Artenschutz sind eher düster. Was macht Ihnen Hoffnung?

Ich bin eines Tages zur Erkenntnis gekommen, dass eine einzelne Art ebenso wie ein Individuum wenig Bedeutung im großen Kreislauf und in einem gewaltige Ökosystem hat. Es ist vielmehr alles relativ. Die Frage, die sich stellt, ist doch, ob die Natur mit dem Menschen überlebt oder ohne ihn. Sieht man es von dieser Warte, ist es doch gar nicht so negativ. Ich meine, dass wir noch Chancen haben, unseren Frieden mit der Natur zum Wohle einer großen Artenvielfalt zu finden.

Was sind die größten Herausforderungen beim Filmen in freier Wildbahn?
Die größten Herausforderungen sind Geduld und die Fähigkeit, sich in die Situation der Tiere vor der Kamera hineinzuversetzen. Für mich ist der Respekt vor der Natur und ihren Bewohnern immens wichtig und wenigstens eine künstlerische Herausforderung für den späteren Film. In jeder Situation gilt die Frage, was ist mir als Filmer erlaubt, um das Überleben der Akteure vor der Kamera nicht zu beeinträchtigen. Dies ist in meinem Fall essenziell, denn anders als die meisten Kollegen arbeite ich nun schon seit 32 Jahren regelmäßig in den gleichen Gebieten. Fehler meiner eigenen Arbeit würden mir daher gnadenlos vor Augen geführt.

Mit tierischen Darstellern kann man Szenen schlecht planen. Wie gehen Sie mit Rückschlägen um?

Beim „Kameramachen“ lernt man viel über seine eigenen Grenzen. Ich mache Kinofilme, arbeite also komplett manuell und mit großen Chips, die mir keine Fehler – zum Beispiel beim Ziehen der Schärfe – erlauben. Es gibt kein „Klappe, die Zweite“. Jede Szene ist ein Unikat. Mir hilft, dass ich mit Tieren oft über viele Jahre zusammenarbeite und weiß, wie sie ticken. Dennoch passieren Fehler, zwar immer weniger, aber sie tun weh. Ich helfe mir mit Humor darüber hinweg. Ich ärgere mich kurz und kann dann fürchterlich gut über mich selbst lachen.

Sie sind Jahr für Jahr sechs Monate in Afrika und sechs Monate in Deutschland. Wie schaffen Sie es eigentlich, zwischen Wildnis und Zivilisation hin- und her zu wechseln?

Es ist Teil meines Lebens geworden und damit Teil meiner Gewohnheit. Ich lege den Schalter um und bin in Afrika. Dort merke ich, dass nach einer Woche alle meine Sinne wieder komplett hochgefahren sind. Ich sehe wieder schärfer, rieche und höre anders und viel intensiver. Umgekehrt geht es in Deutschland vom Flughafen an den Schreibtisch. In der Regel wird dann der nächste Flug gebucht und das manchmal etwas bürokratische Leben in Deutschland mit einem ausgefüllten Programm von morgens um 9 bis nachts um 3 Uhr geht weiter. Ich liebe meine Berufung und lebe dafür.

Welches Naturschauspiel in Afrika beeindruckt Sie jedes Mal aufs Neue?

Es sind die Anpassungsprozesse der Tiere an immer kargere Lebensräume und ein Klima, das von immer mehr Extremen geprägt ist. Da verneige ich mich oft tief vor Löwen in Wüsten und Felsenlandschaften, wo wir Menschen ohne fremde Hilfe bereits in Kürze Leib und Leben verlieren würden. Sich dann mit diesen Tieren zu solidarisieren und sie in teils engster Nähe zu erleben und zu fühlen, ist pures Gänsehautgefühl, das mich alle Anstrengung und Entbehrung vergessen lässt.

Was treibt Sie auch nach 30 Jahren noch an, weiterzumachen?

Es ist genau das, was ich Besuchern in meinem Kunsthaus sage. So lange ich es schaffe, aus einer weißen Leinwand ein faszinierendes Dokument für die Ewigkeit zu machen und nicht weiß, wie es geht, so lange werde ich Maler sein. Solange ich mich über die Phänomene in der Wildnis von Afrika wundere und nach Antworten suche, so lange werde ich immer wieder ins östliche und südliche Afrika zurückkehren. Insgesamt fühle ich, dass ich einen Beitrag für eine bisschen bessere Welt leisten kann. Gerade entsteht meine Matto Barfuss Stiftung und damit neue Motivation, auf jeden Fall weiterzumachen.

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Zur Person:
Matto Barfuss ist Fotograf, Tierfilmer, Künstler und leidenschaftlicher Artenschützer. Seit über 30 Jahren ist er in Afrika unterwegs, und zwar jedes Jahr sechs Monate. Er lebte unter anderem mit wilden Geparden, unter Berggorillas und dokumentiert Löwenrudel und Erdmännchenfamilien. Einem breiten Publikum bekannt wurde er durch die Filme Maleika (2017) und Pambara (2023).

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