Claudia Marschall

Interview: Was hinter dem Entdeckertag steckt

26. November 2024

Am 27. November öffnet die experimenta ihren Türen für den Entdeckertag. Dann können angemeldete Besucherinnen und Besucher mit Autismus das Science Center einen Tag lang in Ruhe erkunden und Aha-Momente mit nach Hause nehmen. Es ist bereits die fünfte Auflage des Aktionstages. Claudia Marschall vom Inklusionsteam der experimenta spricht im Interview über die Ideen und Herausforderungen der Veranstaltung.

Frau Marschall, was genau ist der Entdeckertag?

Den Entdeckertag veranstalten wir zweimal im Jahr, dabei laden wir immer eine andere Fokusgruppe ein. Zum Beispiel waren schon Kinder und Jugendliche mit Sehbeeinträchtigungen oder mit kognitiven Beeinträchtigungen bei uns. Am 27. November öffnen wir nun für Menschen mit Autismus – egal, wie alt sie sind.

Durch den Aktionstag erreichen wir Menschen, die sonst nicht zu uns kommen könnten – einfach, weil sie zum Beispiel mehr Ruhe als andere brauchen. Mit dem Entdeckertag helfen wir ihnen zu erfahren, was sie alles können. Sie erleben Akzeptanz und Normalität bei uns. Indem wir Zeit und Raum für diese Menschen schaffen, zeigen wir ihnen unsere Wertschätzung und sie wissen danach, dass sie zu uns kommen können. Und wir bekommen wichtiges Feedback: Wir sehen dann konkret, wo wir bei unseren Angeboten im Alltag nachbessern müssen. Davon profitieren alle.

Außerdem wollen wir mit der aktuellen Auflage deutlich machen: Autismus ist keine Behinderung oder Störung, es ist einfach eine neuronale Variante. In Deutschland hat Statistiken zufolge etwa ein Prozent der Bevölkerung diese Variante, wahrscheinlich sind es sogar mehr.

Die Entdeckertage haben jeweils eigene Zielgruppen – es kann also kein Standardangebot geben, oder?

Genau. Beispielsweise werden beim fünften Entdeckertag manche Exponate nicht laufen, weil sie zu laut sind. Andere sind zwar in Betrieb, sind aber extra mit einem Hinweis auf die Lautstärke gekennzeichnet. Außerdem bieten wir zwei Ruheräume an: Dort stehen Kopfhörer und Sonnenbrillen zur Verfügung, um Reize auszublenden. Außerdem gibt es Gegenstände, mit denen unsere Gäste die Finger beschäftigen und so zur Ruhe kommen können.

Für die Sonderausstellung gibt es eine sogenannte „sensory map“, die wir an dem Tag testen werden. Auf der Karte ist verzeichnet, in welchen Bereichen es heller, in welchen es eher dunkler und wo es lauter ist.

Was erwartet die Gäste am 27. November außerdem in der experimenta?

Wir spielen für sie das Stück Lumina im Experimentaltheater. Wir haben es gewählt, weil es ein besonderes Format ist, das ohne Worte auskommt. Und wir haben das Stück für unsere Zwecke sogar vorab testen lassen! Da wir ohnehin eng mit dem Verein Autista e.V. zusammenarbeiten, haben wir einige Leute vom Vorstand gebeten, sich Lumina anzuschauen und uns ihr Feedback zu geben. Außerdem bieten wir erstmals Führungen durch den Maker Space an, wenn dort noch nicht der reguläre Betrieb gestartet ist, und wir bieten Kurse in der Experimentierküche an. Übrigens: Das Feedback, das wir schon im Vorfeld zum Entdeckertag bekommen, ist wirklich toll. Weil die Leute gerne zu uns kommen wollen, aber es normalerweise nicht geht.